Mein zweiter Sportblog soll reifen, wie guter Wein, aber bald merke ich: die Luft ist raus. Genauso wie in mir der Wunsch nach regelmäßigem Sport langsam gereift ist, mit Betonung auf „regelmäßig“. Nach zehn Tagen ist der Blog fertig, mit dem Sport bin ich noch lange nicht fertig.
Früher bestritt ich den Wachaumarathon und verfiel dann in eine Art Winterschlaf, aus dem ich erst im März oder April erwachte. Doch bald war mir klar, dass eine monatelange Winterpause eindeutig zu lang ist und dass ich im Winter außer Alpinskifahren auch Laufen, Schwimmen und Ergometerfahren oder Radausfahrten absolvieren muss, um Erfolg zu haben. Doch woher kommt dieser Erfolg eigentlich?
Meine Tochter bekam einmal einen Artikel „Wozu Mathematik“? geschenkt. Ihn nehme ich zum Anlass, um zu fragen: „Wozu eigentlich Triathlon? Klar, Wettkämpfe sind die Highlights, doch auch ein hartes Training kann einen Tageshöhepunkt darstellen.
Jeder Wettkampf wird angenehmer empfunden, desto härter (und effizienter) das Training für den Tag X war. Manche wollen wissen: „Warum tust du dir das in deinem Alter noch an?“ Sie sehen nur den oberen Teil des Eisberges, aber haben keine Ahnung, wie glückstiftend der übrige Teil des Eisberges ist. Glück ist, wenn ich ein Training erfolgreich absolviert habe. Konsequenz ist, wenn ich mein Training durchgezogen habe. Heute ist jeder auf der Suche nach Mehrwert, „added value“ ist die Philosophie vieler heutzutage. Einerseits gehen wir in ein Restaurant, um satt zu werden, doch der Mehrwert könnte das Foto vom Essen sein. Triathlon ist ein Paket,
das eine Menge Mehrwert verspricht. Da wäre zunächst die Ausdauer zu nennen. Durchhaltevermögen und Ausdauer braucht man oder frau immer, nicht nur im Sport. Etwas Begonnenes ziehe ich einfach durch. „Tapferkeit“ und Mut sind Eigenschaften, an denen ich noch arbeiten muss. „Fehler“: Sie zu machen ist in Ordnung, solange es kein fataler ist. Einmal die Straßenseite beim Radfahren ohne den obligatorischen Blick nach hinten – OMG, ja, das war 2014 ein Fehler. Die Bremse so stark zu ziehen, dass das Rad blockiert, oh, yes, auch das war gewiss 2018 ein Fehler. Aber aus Fehlern lernt frau ja auch. Nie wieder habe ich die Seite der Fahrbahn gewechselt ohne nicht zurück zu blicken, und das hat mich in den vergangenen fünf Jahren auch vor Schlimmen bewahrt. Zum nächsten Begriff – Aufopferung – den finde ich denkbar unpassend im Triathlonsport. Er kann nur von Außenstehenden kommen. Wenn ein Hobby zur Aufopferung wird, sollte man es besser bleiben lassen, nicht wahr? Da gefällt mir „Priorität 1“ schon besser. Böse Zungen behaupten, wir würden in unserer Familie dem Triathlonsport alles unterordnen. Alles nicht, aber vieles. „Zweifel“, der nächste Begriff, ist in einem Wettkampf der Grundstein für ein Scheitern. Während eines Trainings sind Zweifel berechtigt, aber während eines Wettkampfes eher bremsend und hinderlich. Konstruktive Kritik ist immer okay. Du selbst triffst die Entscheidung über dein Trainingspensum und deine Intensität. Du musst auch kritikfähig sein und Kritik einstecken können, um dich verbessern zu können, und ein Trainer, der nicht kritisiert, ist kein guter Trainer. „Tränen“ im Wettkampf hatte ich noch nie, aber im Training schon, wenn ich den inneren Schweinehund dank meines Trainers besiegen muss. Nicht das Aufraffen zum Training war schlimm, sondern das Durchziehen laut Trainingsprogramm (und hier spreche ich am ehesten von Intensität und nicht Länge des Trainings). “Fleiß“ ist mir nichts Unbekanntes, ich war schon immer eine Streberin. Oder sollte man eher Disziplin sagen? Beides, Fleiß und Disziplin sind enorm wichtig, damit am Ende des Tages etwas rausschaut. Von Trainings“weltmeistern“ hingegen halte ich nicht besonders viel, weil du erst beim Wettkampf die Triathlonsau rauslassen sollst. Das ist weniger schwer als den inneren Schweinehund zu besiegen. Die Sau schon bei hundert Trainings zuvor rauszulassen und als Erste(r) wieder den Ausgangspunkt des Laufes vor den TrainingskollegInnen zu erreichen bringt nicht viel.
Die körperliche und physische Herausforderung des Triathlontraining lehrt dich Disziplin. Diese macht dich nicht nur körperlich stark, sondern verleiht dir auch mentale Stärke. „Das war doch machbar!“ Du reifst ein Stück und es macht dich größer, dass du eine Hürde genommen hast. Das hilft auch bei einem Gespräch mit einem unangenehmen Vorgesetzten, wenn man insgeheim denkt: „Wie will dich der aus der Ruhe bringen, wenn dich nicht einmal der härteste Triathlon hat straucheln lassen?“
Mit „Enttäuschung“, „Ablehnung“ und „Spott“ kann ich nicht besonders viel anfangen. „Ablehnung“ kommt von Seiten derer, die dich als sportsüchtig beschreiben. „Enttäuschung“ habe ich sicher auch schon erlebt, aber ich denke mir, dass sich jede Chance ein zweites Mal im Leben bietet. So gibt es die eine oder andere Laufstrecke, mit der ich noch eine Rechnung offen habe. Zu „Spott“ kann ich nur so viel sagen: Wer den Schaden (bei einem Unfall, z.B.) hat, hat auch den Spott (eventuell der Trainingskollegen, auch eines Arztes). Ich bin beim Schifahren und Radfahren ein Sturzpilot und ein wenig Sorgen mache ich mir um meine W(eibliche) 50er A(lters)K(lasse) – was kann da noch auf uns zukommen? – wo doch schon vier beim Radfahren einen „ordentlichen“ Crash hatten. Ein wenig spöttisch erlebte ich einen Röntgenarzt, der eine Thrombose bei mir feststellte und meinte: „Triathlon werden Sie nie wieder ausüben können!“ (Das war 2016). Was aber in der Grafik fehlt, sind eindeutig Neid und Missgunst als 100%iger „Mehrwert“ von Erfolg. Wenn du dir dann von anderen anhören musst, „Es gibt ja nicht viele in deiner AK“, „Viele Gegnerinnen hattest du ja nicht,……..“. Ich will nicht auf andere Frauen hinhauen. Ich habe aufgehört, mich über derartige Aussagen zu ärgern. Besiegt habe ich prinzipiell alle Frauen, die es sich auf dem Sofa bequem gemacht haben. Außerdem gibt es halt nicht mehr so viele Urgesteine, die sich Triathlon in meinem Alter noch „antun“. Und da wären wir wieder beim Anfang meiner Überlegungen.