Seit vielen Jahren lenkt ein Kärntner die Geschicke des Österreichischen Triathlonverbandes. Ein Kärntner, der sein ganzes Leben dem Triathlon-Sport verschrieben hat und wie kaum ein anderer für den Triathlon-Sport in Österreich lebt. Die Rede ist von ÖTRV Verbandspräsident Walter Zettinig. Wir haben uns mit dem Kärntner in Klagenfurt getroffen. Was Hawaii für den internationalen Triathlon-Sport war, ist Kärnten für den Österreichischen Triathlon-Sport. Die Ursprungsregion des Österreichischen Triathlons.
Um den Ursprung seiner sportlichen Wurzeln herauszufinden, schmunzelt Walter Zettinig einen Augenblick, eher er sich selbst fragt: „Das ist eigentlich eine gute Frage …“. „Ich war als kleines Kind sehr aufgeweckt und aktiv. Um meinen Bewegungsdrang zu stillen, haben meine Eltern meine Schwester und mich mit zwölf Jahren in den Schwimmverein Wörthersee im nahegelegenen Schwimmbad gesteckt.“ Dort fand er dann auch schnell seine Liebe zum Schwimmsport. Seine größten Erfolge feierte Zettinig in seiner Paradedisziplin, dem Rückenschwimmen. Mehrmals durfte er bei Österreichischen Meisterschaften den Titel gewinnen. Bis zu seinem 18ten Lebensjahr war Zettinig feierte Zettinig als Leistungssportler zahlreiche Siege. Danach machte er einen zweijährigen Ausflug in die Langlauf-Szene. „Beim klassischen Langlaufen ist der Doppelstock Einsatz ganz wesentlich. Da ist mir meine Schwimmvergangenheit zugutegekommen.“ Doch bevor seine Karriere als Langläufer begann, hörte er erstmals von einem Triathlon in St. Kanzian am Klopeinersee. „Als mir mein Vater 1983 davon erzählte, war sofort klar, dass ich dabei sein musste. Die Abwechslung der drei Sportarten hatte mich fasziniert und ich startete ohne wirkliche Vorbereitung beim ersten Triathlon in Österreich,“ erinnert sich Zettinig an den 3. Juli 1983 zurück. „Ich versuchte im Training, die Wettkampfdistanzen zurückzulegen und dabei immer schneller zu sein. Von einem Koppeltraining sprach damals noch kein Athlet.“ Damals galt es 1.400 Meter zu schwimmen, 32 Kilometer Rad zu fahren und 12 Kilometer zu laufen. „Das Schwimmen war für mich als Leistungsschwimmer kein Problem. Am Rad konnte ich meine Führung behaupten, doch beim abschließenden Lauf machte ich einen kleinen taktischen Fehler und verlor am letzten Kilometer die Führung. Der Sieg ging verdient an den Ski-Langläufer Walter Furlan.“ Schon beim ersten Triathlon in Österreich war der ORF mit einem Kamerateam für die Sportsendung „Sport am Montag“ vor Ort. Der Redakteur fragte kurz vor dem Ziel den führenden Walter Zettinig nach seinem Wohlbefinden. „Ich sagte dem Redakteur, dass es mir noch gut geht und ich mich auf den Sieg freue. Doch dabei habe ich die Attacke von Walter Furlan übersehen und musste die Führung abgeben.“
Aber die Faszination Triathlon ließ Zettinig nicht mehr los. „Ich schwamm im Schwimmverein fast täglich hunderte Male an der gleichen kaputten Fliese vorbei. Das wurde mit der Zeit monoton. Aber im Triathlon-Sport hatte man von Anfang an das Gefühl, drei Sportarten trainieren zu müssen,“ das war einer der Gründe, warum sich Zettinig für den Triathlon-Sport entschied. Ein weiterer Grund war das Abenteuer. „Damals war Triathlon noch Abenteuer, richtiges Abenteuer. Neoprenanzüge gab es damals noch nicht. Wir sind in normalen Badehosen in den See gesprungen. In der Wechselzone zogen wir uns komplett um. Das hantieren unter den Handtüchern muss für die Zuschauer zum Lachen gewesen sein. Kaum mehr vorstellbar heutzutage, wenn das Handtuch runterfiel und man nackt in der Wechselzone stand. Trainingstechnisch wusste man noch kaum etwas im Triathlon-Sport. Als Räder hatten wir damals bessere Kaufhausräder.“ Eine wirkliche Triathlon-Szene gab es damals noch nicht. „Wir waren ein bunter zusammengewürfelter Haufen von Athleten quer durch alle Sportarten. Jeder war in seiner Sportart Spezialist. Zu den größeren Sportarten zählten sicher die Läufer und Langläufer, die bereits mit dem Ausdauersport zu tun hatten. Untereinander kannten wir uns eigentlich gar nicht.“
Nach seinem ersten Triathlon machte sich Walter Zettinig auf die Suche nach weiteren Wettkämpfen. Das Ziel war dabei immer klar: „Sich selbst etwas zu verbessern.“ So leicht wie heutzutage war das allerdings damals nicht. Wettkampfkalender im Internet gab es noch keine, der Gründer von Facebook noch gar nicht geboren. Die Anmeldungen wurden per Fax oder telefonisch vorgenommen. Im Hintergrund führte er mit seinen Mitstreitern bereits erste Gespräche, ob man nicht vielleicht einmal einen Triathlon-Verein gründen möchte. Nach und nach kamen immer mehr Triathlon-Veranstaltungen auf. „In Maria Zell, in Rottmann und am Faaker See,“ erinnert sich Zettinig an die damaligen Veranstaltungen zurück. „Schrittweise sind Jahr für Jahr neue Veranstaltungen hinzugekommen.“ Auch das Training hat sich langsam weiterentwickelt. Trainingsliteratur für den Triathlon-Sport gab es keine, dennoch adaptierte Zettinig gemeinsam mit seinem Vater sein Training und war so einer der ersten Athleten, die sich auf den Triathlon spezialisiert hatten. „Das führte auch zu zahlreichen Triumpfen bei den weiteren Triathlonbewerben. Nachträglich betrachtet habe ich aber auch einiges an Lehrgeld bezahlen müssen. So habe ich stets an meinen Stärken gearbeitet, um mich weiter zu verbessern, anstelle an meinen Schwächen zu arbeiten. Ich hätte mehr Zeit ins Laufen wie in das Schwimmen investieren sollen.“
Mit den Jahren wurde in Österreich ein erstes Triathlon Team gegründet. Andreas Schwab, Marketing Chef von Adidas in Österreich gründete das Team „Adidas Triathlon Team“ mit den beiden Rattensberger Brüdern Anton und Herbert, Heinz Bedekraut und „meiner Wenigkeit“. „Adidas war damals der erste Sponsor, der im Triathlon mit eigenen, roten und gelben Einteilern aktiv wurde. Wir waren damals alle ganz Stolz, weil wir neben den Triathlon-Anzügen auch eine Adidas Grundausstattung bekommen haben.“ Diese vier Athleten bildeten 1986 auch das erste Österreichische Triathlon Nationalteam, welches zu den Europameisterschaften entsandt wurde. Zettinig belegte damals in London den 39 Gesamtrang bei über 700 Teilnehmern. Zu dieser Zeit galt Zettinig auch als „the man to beat“ in der Österreichischen Triathlon-Szene. Bis 1989 durfte Zettinig zahlreiche Siege im Triathlon feiern, ehe er aufgrund gesundheitlicher Probleme den aktiven Triathlon-Sport beenden musste. „Ab 1990 gab es erste Lehrwartausbildungen im Triathlon, die ich sofort besuchte. Nach meiner aktiven Laufbahn habe ich mich dann als Nachwuchs- und Bundestrainer im Österreichischen Triathlonverband engagiert und blieb dem Verband seither treu. 1991 wurde ich zum Präsidenten des Kärntner Triathlonverbandes gewählt und 1994 sprach mir die Österreichische Triathlon-Szene das Vertrauen aus und wählte mich zum Präsidenten.“ Der Kärntner ist seither der längst dienende Präsident einer Olympischen Sportart in Österreich. „Der Sport hat mir sehr viel gegeben und ich möchte dem Sport auch etwas zurückgeben,“ erzählt Zettinig bei einer Lasagne und einem gespritzten Apfelsatz über seine Motivation zur ehrenamtlichen Verbandstätigkeit. Zahlreiche Stunden beschäftigt er sich wöchentlich mit der Weiterentwicklung des Triathlon-Sports in Österreich. „Zwei Faktoren sind ausschlaggebend: Zum einen brauchst du unbedingt die Liebe zum Sport und ein wesentlicher Aspekt ist meine Partnerin Sabine, die die Leidenschaft teilt und mich in schwierigen Situationen auch berät. Wenn das Feuer nicht in dir brennt, ist es besser aufzuhören. Noch brennt das Feuer aber lichterloh!“ Ein einschneidendes Schlüsselerlebnis war für Zettinig die Aufnahme der Sportart Triathlon in die Bundessportorganisation. „Damals war es ein harter Kampf und die anderen Sportverbände waren nicht gerade erfreut, eine neue Sportart aufzunehmen. Bei einer Sitzung in Wien wurde Triathlon schlussendlich als anerkannte Sportart aufgenommen und seither bekommt der Triathlon-Sport auch offizielle Fördergelder.“ Aus sportlicher Sicht war der Olympiasieg von Kate Allen das Highlight in der 24jährigen Laufbahn von Walter Zettinig als Präsident des Österreichischen Triathlonverbandes. „Ich habe mir damals extra Urlaub genommen, um das Rennen bei mir zu Hause im Fernsehen verfolgen zu können. Und kaum lief Allen über die Ziellinie hörte mein Telefon nicht mehr zu läuten auf. Zuerst kamen die Gratulanten und dann die Arbeit, aber das war Arbeit, die wir gerne machten“. Und die Arbeit ist seither nicht weniger geworden. Die Ziele für den Triathlon-Sport hat der Kärntner immer noch vor Augen und wer in diesen blickt, sieht sein Feuer für den Sport, wenn er darüber erzählen darf.