“Ein Trainigingstipp? Komme einmal eine Woche auf meinen Hof und hilf beim Steine klauben” mit diesem ungewöhlichem Trainingstipp verblüffte Alex Frühwirth einen jungen Nachwuchsathleten, der sich vermutlich eine andere Antwort erwartet hatte. Ein Tipp, der das Österreichische Triathlon Urgestein aber noch interesssanter macht und für uns Grund genug ist, dem Bio Bauern eine Homestory zu widmen.
Am 23. Februar 1969 wurde Alexander Frühwirth in Kirchberg an der Wild geboren. Wir durften den heutigen Biobauern und aktiven Triathlon-Legende auf seinem Hof – besser gesagt seinem Schloss – besuchen und haben mit ihm über den Triathlonsport und seinen Job als Biobauer gesprochen.
Die sportliche Karriere wurde Frühwirth schon früh in die Wiege gelegt. Ursprünglich begeisterte er sich für den Schwimmsport. Einer Karriere als Schwimmer stand allerdings die tägliche weite Reise ins Schwimmbad nach Krems im Weg. Über den Skiclub Allentsteig kam Alex so zum Biathlonsport. Auf den zwei Skiern mit Gewehr machte er eine gute Figur und konnte in den Juniorenklassen aufzeigen. Mit der Zeit musste er sich allerdings entscheiden. Die Schneetage im Waldviertel wurden immer weniger. So stand er mit 19 Jahren gemeinsam mit seiner damaligen Freundin und nunmehrigen Frau vor der Entscheidung: Biathlon im Sportgymnasium Stams in Tirol oder die Übernahme des elterlichen Bauernhofs im Waldviertel. Ein Waldviertler in den Bergen Tirols?
// Biathlon oder Landwirtschaft?
“Ich hatte damals keine Ahnung von der Landwirtschaft. Ob ich sie jetzt schon habe, weiß ich nicht” schmunzelte Frühwirth. Er entschied sich allerdings dennoch für die Übernahme des elterlichen Hofes. Als Ausgleich zum Biathlonsport fing er mit dem Laufen an. Im Alter von 21 Jahren kamen die ersten Triathlonbewerbe in Österreich auf. Fasziniert von der jungen Sportart stellte er sich bei einem der ersten Triathlonbewerbe auf der Wiener Donauinsel an die Startlinie. “Und die Faszination am Triathlonsport hat mich seither festgehalten und ist heute um keinen Deut kleiner wie damals, als ich als junger 21jähriger an der Donausinsel am Start stand” führt uns Alex Frühwirth durch seine Wohnräume hinaus in den Garten. Entlang des Weges hängen zahlreiche Erinnerungen an seine sportliche Anfänge.
“Ich war eigentlich ein ziemlich pummeliges Kind und hatte als Dreizehn- Vierzehnjähriger das gleiche Gewicht wie heute. Meine Schwester sagte eines Tages “Na, du Softi” zu mir. Bei einem Schülerlauf wurde ich Vorletzer und ab da wusste ich, ich muss etwas machen und blieb beim Triathlon weil hier der ganze Körper und auch der Kopf trainiert werden.” erzählt Frühwirth, warum er beim Triathlonsport geblieben ist.
Brotberuf
Seit über 25 Jahren lebt Frühwirth mittlerweile von der Landwirtschaft. “Wir leben davon, ein Bio-Betrieb zu sein. Ohne Subventionen könnten wir allerdings nicht überleben und hätten schon längst den Hof aufgeben müssen.” erzählt uns Frühwirt von seinem Hauptberuf, der auch in all seinen Jahren als Profisportler für seinen Lebensunterhalt sorgte. Zusätzlich betreibt die Familie Frühwirth neben dem Biohof eine Waldwirtschaft, die bei einem größeren Ernteausfall als Sicherheit dient. “Mein Vater hat an der BOKU in Wien studiert und ich habe eine entsprechende Fachschule besucht. Theoretisch hatten wir also eine Ahnung – praktisch haben wir uns diese mit tatkräftiger Unterstützung unserer Nachbarn und Freunde bei der täglichen Arbeit allerdings aufgebaut. Als viehloser Getreidebetrieb (Anmerkung: gerade in diesem Moment kräht ein Hahn lautstark im Hintergrund) bauen wir Roggen, Dinkel, Sommer- und Winterweizen, Triticale und Klee an.” Aufgrund der Restriktionen als Biobauer fällt die Ernte bei den Frühwirths um rund ein Drittel geringer aus als bei konventiellen Bauern. Um dieses Minus wettzumachen, versucht Alex Frühwirth im Moment die Qualität des Bodens laufend zu verbessern. Als viehloser Betrieb setzt er auf Tauschgeschäfte mit anderen Bauern und bietet Stroh für deren Mist an, um den Boden entsprechend düngen zu können.
Einfluss des Klimawandels
Aber nicht nur aufgrund der Beschränkungen für Bio Bauern fällt die Ernte weniger ertragreich aus. Vor allem das Klima macht Alex Frühwirth schon seit längerem große Sorgen. “Bei uns gibt es ein jährliches Sportfest am ersten Ausgustwochenende. Solange ich mich zurückerinnern kann, war zu diesem Zeitpunkt nur einmal die Ernte bereits komplett eingebracht. In den letzten Jahren war die Ernte allerdings immer bereits in den jetzten Juliwochen, spätestens in der ersten Augustwoche vorbei. Die Umweltschäden durch Hagel, Trockenheit,… sind sehr augenfällig und haben stark zugenommen. Auch beim Training merke ich im Waldviertel eine Veränderung. Früher ist sehr oft Westwind gegangen,aber die letzten Jahre ging immer Südostwind. Ich glaube stark, dass diese Phänomene mit der Umweltproblematik zusammenhängen.”
Wer ist Tonangebend? Ernte oder Training?
“Die Ernte richtet sich leider nicht nach meinem Training,” schmunzelt Alexander Frühwirth und genießt sichtlich den frischen Ribiselkuchen, aufgetischt von seiner charmanten Ehefrau. “Es ist schon öfters vorgekommen, dass der Drescher auf mich warten musste. Wenn der Anhänger voll ist und ins Lager gebracht werden muss, kann es schon sein, dass ich noch schnell auf meiner Laufrunde bin. Meistens geh ich aber in der Früh trainieren und dann startet die Arbeit – mal mit, mal ohne Frühstück dazwischen. Wir haben im Frühjahr, Sommer und Herbst Spitzen bei der Aussaat bzw. Ernte und in der restlichen Zeit kann ich es mir schön einteilen. Mein Motto lautete immer und wird auch immer lauten: Ich arbeite, um zu leben, aber ich lebe nicht, um zu arbeiten.”
Ist dein Traktor kaputt?
“Mich stimmt etwas traurig, dass die eigentliche Philosophie vom Triathlon nicht mehr die ist, die sie einmal war. Früher ging es im Triathlon wirklich um dich persönlich, dass du deine Grenzen kennenlernst und diese überschreitest und verschiebst. Den Körperkult von heute gab es damals noch nicht. Jetzt haben viele den Eindruck, Triathlon wird gemacht weil es gerade in ist. Früher war Tennis beliebt, jetzt ist Triathlon mehr in. Die Athleten schauen beim Neoprenanziehen mehr um sich herum, wer ihnen aller zuschaut und wer sie dann beobachtet, wenn sie ins Wasser hupfen, um dann die ersten 100 Meter Vollgas zu geben, ehe sie schon wieder schlapp machen. Solche Typen gab es zwar früher auch, aber jetzt gibt es deutlich mehr solcher Typen. Das Problem ist aber nicht auf den Triathlonsport alleine zu begrenzen. Früher war es oft so, dass ich laufen ging und mich dann Nachbarn gefragt haben “Ist dein Traktor kaputt?” “Kann ich dich mitnehmen?” Da war es nicht gang und gäbe, dass Sport betrieben wurde. Das Phänomen Sport gibt es ja auch erst seit 100 Jahren, wenn wir uns ehrlich sind. Und ich befürchte, dass wir uns damit und mit dem ganzen Doping den Sport wieder kaputt machen. Nicht ohne Grund kämpfen viele Sportarten mit Nachwuchsproblemen.” Damals, als Alexander Frühwirth mit dem Triathlonsport angefangen hat, gab es allerdings noch kein derart großes Entertainmentprogramm für die Kinder. Neben einem Fernseher mit ein, zwei Programmen “auf deinen meistens Heinz Konrad lief” gab es noch kaum Angebote. “Unsere Heros waren damals im Sport, in der Musik und ein bischen auch in der Kultur zu finden. Jetzt sind die Heroes auf der Festplatte” spricht Frühwirth ein allgemeine Veränderung der heutigen Zeit an. Zum Glück für die Österreichische Triathlonszene blieb Frühwirth beim Triathlonsport und kann heute auf über 350 Starts bei Duathlon- und Triathlonbewerben zurückblicken.
Hawaii, Podersdorf, Klagenfurt
Auf unseren Versuch, seine Lieblingsbewerbe herauszufinden überraschte uns Frühwirth. “Jeder Bewerb hat eine beschissene Seite wo du dir denkst, da fahre ich nicht wieder hin. Aber dann denkst du: Naja, vielleicht war doch nicht der Bewerb schuld sondern ich … Der Ironman Hawaii hat natürlich seinen eigenen Reiz, der Austria Triathlon in Podersdorf hat wieder das Familiäre und unter allen Ironman Bewerben ist Kärnten das Highlight. Selten habe ich so viele und begeisterte Zuschauer gesehen.”
Viel gemacht, wenig erreicht
Wohin ihn die Reise in den nächsten Jahren führen wird? “Ich habe schon vieles in meinem Leben gemacht, erreicht habe ich noch nicht so viel. In den letzten Jahren hatte ich vor allem im Frühjahr immer wieder Probleme mit den Bandscheiben und dem Rücken. Eigentlich kann ich mit dem Sport nicht aufhören, denn ich habe Angst, dass dann alle Wehwechen herauskommen könnten” scherzt Frühwirth und greift nochmals bei der Ribiseltorte zu. “Die Verletzungen haben mich etwas nachdenklich gemacht. Ich werde mich aber auf die kürzeren Sachen konzentrieren, um auf den längeren Distanzen wieder flott und konkurrenzfähig zu sein. Im Moment lassen sie mich zum Glück noch mitspielen die Jungen.”
Die tägliche motivation
Wir haben schon zahlreiche junge Athleten gesehen, die gekommen sind, um wenig später wieder den Sport an den Nagel zu hängen. Alex Frühwirth ist allerdings gekommen, um zu bleiben. “In meiner Laufbahn gab es viele Athleten, deren erster Gedanke in der Früh dem Triathlon galt, die ihr Essen und ihre Kleidung danach abstimmten und die sprichwörtlich mit dem Triathlonrad ins Bett gingen. Die Familie muss hier natürlich auch mitspielen und ich bin meiner Familie sehr dankbar für die Unterstützung. Mittlerweile machen ja meine Kinder auch schon Triathlon. Zum Leidwesen meiner Frau” grinst Frühwirth. “Alles, was zu fanatisch ist, ist schlecht – und das betrifft nicht nur den Sport, sondern das ganze Leben.”
Mittlerweile ist der Sport allerdings auch zu einer Art Sucht bei ihm geworden. Länger als eine Woche ohne sportliche Betätigung hält er es nicht aus und findet immer wieder eine Trainingsmöglichkeit – ganz zum Leidwesen seiner Konkurrenten, die sich gerne einmal vor ihm platzieren würden.
Ein Blick in die Startlisten der Triathlon Saison 2017 in Österreich zeigt bereits oftmalig den Namen “Frühwirth Alexander” auf und wir freuen uns, dass er der heimischen Triathlon Szene noch lange erhalten bleibt.