Christoph Lorber ist mehrfacher Österreichischer Triathlon- und Duathlon Sieger sowie Staatsmeister. Während seiner Zeit als Nachwuchstriathlet hatte der Kärntner nur ein Ziel: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen im Triathlon. Mit viel Ausdauer und Zielstrebigkeit trainierte er, um seinen Traum zu erfüllen. Nach erfolgreichen Nachwuchsjahren begann Lorber auch, sich neben seinem Studium der Rechtswissenschaften im Elitebereich einen Namen zu machen und startete auch bei mehreren Elite-Weltmeisterschaften. Wie nebensächlich seine sportlichen Ziele wurden, offenbarte dem sympathischen Klagenfurter der 7. Mai 2017.
Es war Sonntag und Lorber absolvierte eine Trainingsrunde mit dem Rad. Eine lockere Trainingsausfahrt, denn am Tag zuvor gewann er den Kärtner Duathlon-Landesmeistertitel. Im Rahmen des Gösselsdorfer See Duathlon verteidigte Lorber seinen Titel aus dem Vorjahr erfolgreich. Eine Trainingsrunde in seiner Heimat, die er in- und auswendig kannte. Das Unglück ereignete sich gegen 13:30 Uhr. Ab diesem Zeitpunkt begann für Lorber ein neues Leben.
Eine 89-jährige Dame fuhr mit ihrem Auto auf der Haimburger Straße in einen Kreuzungsbereich ein und kollidierte dabei frontal mit dem 31-jährigen Staatsmeister Christoph Lorber. Bei dem Unfall wurde Lorber über die Motorhaube gegen die Windschutzscheibe geschleudert. „Ich sah nur noch die Windschutzscheibe, das war ein klassischer Abschuss, dann war ich an der Unfallstelle kurz bei Bewusstsein bevor ich in den künstlichen Tiefschlaf versetzt wurde, aufgewacht bin ich dann am nächsten Tag auf der Intensivstation “ erinnert sich Lorber. „Der Pkw wurde im Bereich der Stoßstange/Motorhaube leicht und im Bereich der Windschutzscheibe stark beschädigt, das Rennrad wurde erheblich beschädigt,“ heißt es dazu im Polizeibericht, der die Wucht des Aufpralls wiederspiegelt. Lorber wurde bei dem Unfall schwer verletzt und mit dem Rettungshubschrauber in das UKH Klagenfurt geflogen. Nach einer Notoperation und bangen Stunden die erste positive Nachricht: „Keine inneren Verletzungen, es besteht keine Lebensgefahr,“ heißt es aus dem Krankenhaus.
„Ein offener Beckenbruch, Trümmerfraktur im Ellenbogen, ein Kahnbeinbruch, zahlreiche Rippenbrüche und ein Pneumothorax (Lungenpatschen), das waren neben den zahlreichen Abschürfungen die schwersten Verletzungen“, zählt Lorber auf. Elf Tage Intensivstation, drei Wochen im Krankenhaus und heftige Schmerzen. „Die erste Zeit im Krankenhaus war mit enormen Schmerzen verbunden, du denkst eigentlich nur darüber nach wie du die nächsten Minuten überstehst und hoffst dass die Schmerzen nachlassen. Du bist froh, dass du noch da bist, hast aber natürlich immer wieder Phasen die von Angst geprägt sind. Das Becken sah so aus, als hätte ein Hai etwas herausgebissen. Der Körper war in der Mitte bis zur Wirbelsäule zerteilt. Wie ich nach dem Unfall aussah erfuhr ich zunächst nur aus Erzählungen der Ärzte und Krankenschwestern. Erst als ich mir die Fotos die gemacht wurden anschaute, wurde mir das Ausmaß wirklich bewusst. Ich hatte riesen Glück und mehr als einen Schutzengel! Die Rettungskette hat perfekt funktioniert und ich kann den Ärzten die mich operiert haben gar nicht genug danken dafür, dass ich heute wieder stehe und Sport machen darf.“
Die Ärzte bereiteten ihn zunächst darauf vor, dass sein zukünftiges Leben nicht mehr mit jenem vergleichbar sein wird, dass der lebensfrohe Kärntner bis dahin lebte. „Daran, jemals wieder wettkampfmäßig laufen zu können war in dieser Zeit nicht zu denken. Die Ärzte erklärten mir, dass ich ein schweres Polytrauma erlitten hatte und das eben nicht nur ein Bruch eines Knochens sei.“ (Anmerkung: Als Polytrauma bezeichnet man in der Medizin mehrere gleichzeitig erlittene Verletzungen verschiedener Körperregionen, wobei mindestens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen lebensbedrohlich ist).
„Nachdem ich mein ganzes Leben lang jede freie Minute Sport in den unterschiedlichsten Formen betrieben hab, dachte ich nicht darüber nach, ob ich jemals wieder so schnell laufen kann wie vor dem Unfall. Ich setzte mir kleine Ziele und dachte an Bergtouren mit meiner Freundin und sonstige sportliche Tätigkeiten für die ich neben meinem Vollzeit-Job als Jurist in der AK Kärnten wenig Zeit hatte. Nach 11 Tagen im liegenden Zustand war dann der Tag an dem ich versuchte vom Bett aufzustehen, ich wollte einfach selbstständig wieder aufs WC. Zuvor mussten sich noch mehrere Ärzte beraten ob das mit den Verletzungen möglich sei. Nachdem der Körper gut verschraubt und an sich stabil war hab ich dann das ok bekommen. Über eine Stunde hab ich dann versucht mich immer mehr aufzurichten wobei der Kreislauf noch nicht wirklich mitspielte und mir immer wieder schwarz vor Augen wurde. Die ersten Schritte waren natürlich unglaublich ,,zach“ aber ich hab s schlussendlich mit Hilfe bis aufs WC geschafft. Von da an hab ich dann versucht meine Runden im Krankenhausgelände zu drehen. Es war immer wieder schön zu sehen wie sich die Krankenpfleger und Physiotherapeuten mit mir gefreut haben, für den Zuspruch und vor allem die mentale Unterstützung mit ich unendlich dankbar!“
„Meine damalige Freundin Daniela und meine Familie besuchten mich täglich. Sie waren meine größten Stützen und haben den Glauben in mich nie aufgegeben.“ Die Zeit hat Christoph und Daniela einfach zusammengeschweißt und Lorber war sich sicher: „Mit dieser Frau möchte ich alt werden und eine Familie gründen.“ Als Mann der Taten machte er seiner Daniela einen Heiratsantrag und die Hochzeit fand am 9. September 2017 statt.
Nach dem Krankenhausaufenthalt begann die langwierige Rehabilitation. ,,Je tiefer man fällt desto weiter kann wieder aufsteigen“ klingt wie eine blöde Floskel enthält aber sehr viel Wahres! Ich hab mich über kleine Dinge gefreut, über jede Bewegung die ich wieder machen konnte. Mir wurde immer wieder bewusst was ich für ein Glück im Leben hab. Vor allem hab ich mir gedacht, dass es wohl sehr egoistisch wäre sich selbst einzureden wie schlecht es einem geht, wenn andere nach einem solchen Unfall überhaupt nicht mehr laufen können, man lernt einfach alles viel mehr zu schätzen! Mit der Freude an der Bewegung ging es stetig bergauf. Wandern, Plantschen im Wasser, später Bergsteigen und Stand-Up Paddeln, einfach alles was relativ schmerzfrei möglich war hab ich gemacht. Ein paar Monate später hab ich dann meinen ersten Laufversuch gemacht, immer mit der Hand am Bauch weil sich aufgrund der Bauchdeckenschwäche der Darm durch die Bauchdecke wölbte. Relativ überrascht war ich dann als die Uhr nach dem ersten km eine Zeit von ca. 4:30 anzeigte, wo ich doch gefühlt eher am Stand gelaufen bin. Auch wenn an richtiges Training nicht zu denken war hatte ich einfach unglaubliche Freude an der Bewegung und machte einfach was möglich war. So ging es immer weiter bergauf, ich konnte schön langsam wieder locker Radfahren, Schwimmen und auch beim Laufen ging es immer besser. Dann hab ich auch wieder den Entschluss gefasst mich an die Startlinie eines Triathlons zu stellen, weils einfach ein toller Sport ist und mir unglaublich Spaß macht. ,,Klar ist es cool vorne mitzukämpfen aber es ist genau so cool wenn man über die Ziellinie kommt und losgelöst von dem Wettkampf sein eigens Ziel erreicht hat“.
Nur dreizehn Monate nach seinem Unfall schaffte der mittlerweile 32-jährige ein schier unglaubliches Comeback im Triathlon. Bei den Triathlon Staatsmeisterschaften 2018 in Tulln holte Lorber in seiner Altersklasse M30-34 sensationell die Goldmedaille. „Mein größtes Problem war der Schwimmrückstand. Ich hatte nur 20 Trainingskilometer hinter mir und dazu kamen die Schläge und das Gewusel im Wasser. Aufgrund der Belastung im Wasser hat es sich sehr zach angefühlt, auch beim Radfahren. Während dem Laufen hab ich mich dann immer wohler gefühlt,“ analysierte Lorber sein Comeback selbstkritisch.
„Das es im Moment, speziell beim Laufen, ich bin im November 2018 einen Halbmarathon wieder in 1:12 gelaufen, so gut geht ist für mich ein Hammer! Klar zieht es im Wundbereich noch, aber die Laufbewegung schaut, find ich, wieder super aus,“ freut sich Lorber schon auf die neue Saison und lässt sich überraschen, was die Saison bringen wird.