Der Traum vom Triathlon-Weltmeistertitel in seiner Altersklasse mit 80 Jahren blieb einem der ersten Triathleten in Österreich verwehrt. Am 23. Dezember schlief Triathlon-Urgestein Gerhard Brandl friedlich ein und wacht vom Himmel aus über uns.
Sportlich und beruflich schwebte Gerhard Brandl lange Zeit auf Wolke Sieben. 1986 qualifizierte er sich erstmalige für die IRONMAN World Championship auf Hawaii. 1989 eröffnete Gerhard mit “RLS-Sport” das erste Triathlonfachgeschäft in Österreich. Trotz dieser beruflichen Herausforderung durfte er auch 1988 und 1989 Österreich auf Hawaii vertreten. 1995 feierte er bei der Triathlon Weltmeisterschaft auf Sado Island in Japan seinen sportlichen Höhepunkt: Er krönte sich zum Triathlon Weltmeister seiner Altersklasse.
Neben seiner beruflichen und sportlichen Laufbahn war Gerhard aber als großer Gönner der Österreichischen Triathlon-Szene bekannt, der stets die Anderen in den Vordergrund stellte und selbst im Hintergrund blieb. Er unterstützte junge, aufstrebende Talente sowie den Wiener und den Österreichischen Triathlonverband. Mit seiner Initiative “Tri Kids 2000” bot der zahlreichen Nachwuchsathleten eine Perspektive, sich für die Olympischen Spiele 2000 vorzubereiten.
Auch abseits des Triathlons im privaten Leben war Gerhard ein Kämpfer. Er besiegte den Krebs mehrfach und kam nach einem Autounfall auf Fuerteventura wieder zurück. Er spürte auch auf dem allerletzten Kilometer vor dem Quartier viel Kraft in seinen Beinen. Er war beim Endspurt seines Trainingslagers, als eine Spanierin mit ihrem SUV von ihrer Spur abkam und ihm mit 70 km/h ins Rad krachte. Es war ein Wunder, dass er die drei Überschläge überlebte. Gerhard Brandl wurde von einem Notarzt das Leben gerettet. Dessen Diagnose: Neben einem schweren Schädeltrauma waren alle neun Rippen mehrfach gebrochen, die vierte steckte bis zu seinem Tod in seiner Lunge. Er sagte damals: “Ich bin dann 300 Tage lang kerzengerade im Bett gelegen. Drei Mal am Tag habe ich Morphium bekommen, um die Schmerzen einigermaßen zu ertragen.” Die Ärzte haben ihm gesagt, dass das Gift in seinem Körper das Gefühl des Schmerzes zumindest halbieren kann.
Auf die Frage, ob er der Autofahrerin verziehen hat, sagte Gerhard im Gespräch: “Ich war ihr nie böse, sie hat das sicher nicht mit Absicht gemacht. Wenn sie ein gutes Herz hat, wird auch sie leiden. Vielleicht ihr ganzes Leben.”
Einer wie Gerhard Brandl ließ sich sowieso nicht aus der Bahn werfen: “Irgendwann in den 300 Tagen habe ich mich damit abgefunden, dass ich nicht mehr so werde, wie ich einmal war.” Dennoch findet er langsam zu alter Form.Nach den 300 Tagen im Bett hat er begonnen, seinen Oberkörper wieder zu trainieren. Die Stabilität der Muskulatur soll helfen, dass sich der Stachel in seiner Lunge nicht weiter vertieft. Unglaublich, aber wahr: Mit seinem Sohn und seiner Tochter nahm er danach noch an Staffel-Triathlonbewerben teil: “Ich bin mit dem Rad gefahren.”
Danke Gerhard, für deine Bereicherung unseres Lebens. Möge ein Funken deiner Lebenseinstellung auf uns alle überspringen und uns zu besseren Menschen machen. Ruhe in Frieden