1997 kam Rene Vallant eher unfreiwillig zum Triathlon. Vallant war ein aufstrebendes Tennis-Talent und erzielte bereits seine ersten Erfolge, als er mit 17 Jahren einen Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule erlitt. Als Folge des Bandscheibenvorfalls waren seine Hände für drei Monate gelähmt. „In dieser Zeit durfte ich absolut keinen Sport betreiben und nichts machen. Es war eine sehr schwere Zeit für mich als jungen Burschen. Einer meiner Freunde war damals begeisterter Triathlet. Ich würde sogar sagen, er war einer der ersten Triathleten in Österreich. Dadurch, dass ich keinen Sport treiben durfte, hatten wir viel gemeinsame Zeit und ich begleitete ihn auch zu Wettkämpfen. Mit jedem Wettkampf und mit jeder Geschichte, die er mir erzählte, entbrannte das Feuer für den Triathlon mehr in mir,“ erinnert sich Rene Vallant an seine Anfänge „im letzten Jahrtausend“ zurück.
Triathlon Premiere am Rauschele See
Die abrupten Bewegungen des Tennis waren wie Gift für Vallant und so musste er seine Karriere früh beenden. In der „jungen und dynamischen Sportart Triathlon“ fühlte sich Vallant aber schnell sehr wohl. Den ersten Triathlon absolvierte er am Rauschele See, einem kleinen See in Kärnten. „Es war damals nicht nur vom Material her eine andere Zeit. Auch der Lifestyle war ganz anders. Die Triathlon-Szene war noch sehr klein und lokal. Strassensperren waren noch überhaupt kein Thema, daran dachte damals noch keiner. Triathlon war damals Abenteuer. Das ganze Wissen, das es heute über den Triathlon gibt, steckte damals noch in den Kinderschuhen und musste erst erarbeitet werden. Dazu zählen natürlich auch zahlreiche Hoppalas, die man damals für bahnbrechend hielt, und die jeder probieren musste.“ Die Weiterentwicklung des Triathlonsports vom Abenteuer zur Olympischen Sportart sieht Vallant grundsätzlich positiv „und ist ein logischer Schritt einer jungen Sportart. Gerade in den jungen Jahren verändert sich eine Sportart rapide. Nicht immer zum Vorteil von Athleten und auch nicht immer zum Vorteil von Veranstalter. Es liegt daher in der Verantwortung der Funktionäre darauf zu achten, dass sich der Sport in die richtige Richtung entwickelt und auf Fehlentwicklungen rasch reagiert wird.“
Nach der Schule ging Vallant für sein Studium nach Graz. Bereits in den jungen Jahren der Sportart etablierte sich in Graz eine Trainingsgruppe mit sehr vielen guten und erfolgreichen Athleten. Der Fokus des Trainings mit Serienstaatsmeistern richtete sich allerdings auf die Mittel- und vor allem Langdistanz aus. „Für die Trainingsgruppe war ich natürlich zu schwach. Aber wir hatten gleiche Trainingszeiten und ich konnte zu den Athleten der Gruppe aufschauen. Da ich erst mit dem Sport angefangen habe, habe ich anfangs große Fortschritte gemacht und bin den erfahrenen Athleten schnell näher gekommen. Viel mehr als Zeiten hatte mich aber der Lifestyle, die Kameradschaft, das gegenseitiges Helfen und das Abenteuer fasziniert. Ich bin hier richtig rein gekippt und würde es heute wieder so machen. Auf keinen Fall möchte ich die Zeit missen, denn sie hat mich geprägt und war eine Schule fürs Leben.“ Gemeinsam mit Markus Ressler, Bernhard Hiebl und Stefan Arvay bildete sich eine Trainingsgruppe.
Triathlon Profi mit Verpflichtung
Mit Ende des Studiums 2003 war auch der Sprung zum Triathlon Profi geplant. „Ein echter Profi wurde ich aber dennoch nicht. 2004 kam mein Sohn Noah auf die Welt und ich wollte und konnte nicht alles auf die Karte Profi setzen, auch wenn es von den Ergebnissen sehr gut ausgehen hatte. Die Geburt unseres Sohnes war einer der emotionalsten Momente für mich und mir wurde bewusst, dass es ab jetzt nicht nur mich gibt, sondern ich Verantwortung für meine Familie habe. Da habe ich frühzeitig begonnen, meine Coaching-Tätigkeit aufzubauen.“
Seine aktive Karriere mit zahlreichen nationalen und internationalen Erfolgen beendete der Kärntner 2015 beim IRONMAN 70.3 Mallorca, bei dem bereits nicht mehr der Sport, sondern der Sportgenuss und die Familie im Vordergrund standen.
Vorreiter war Rene Vallant auch beruflich. Gemeinsam mit Christian Rothart und Norbert Langbrandtner gründete er 2004 Sport-Control. Sport-Control bot den Athleten eine der ersten Trainingsplattformen im Internet an. Noch lange vor Zeiten wie TrainingPeaks war es das Ziel, die Kommunikation zwischen Athleten und Trainer zu optimieren und den Athleten die Trainingspläne in einer Art und Weise aufzubereiten, dass sie leicht umgesetzt werden konnten. „Damals war der Standard der Trainingsaufzeichnung ein Kalender. Wenn jemand schon etwas weiter voraus war, dann hat er sein Training in einem Excel Dokument dokumentiert. Wir waren also durchaus auch Pioniere in diesem Bereich. Unser Team bestand aus Sportwissenschaftern und wir hatten keine Programmierer. Die gesamte Entwicklung der Software mussten wir auslagern. Schnittstellen wie heute gab es damals noch nicht, wir steckten viel Energie in Algorithmen und einen benutzerfreundlichen Workflow. Irgendwann kamen wir aber auch an unsere finanziellen Grenzen und konnten die Weiterentwicklung der Plattform nicht mehr finanzieren. Crowdfunding und 2 Minuten – 2 Millionen waren damals noch Fremdwörter.“
IRONMAN Austria Triathlon Team
„Ich habe die Vor- und Nachteile eines Triathlon Teams beim IRONMAN Austria Team kennenlernen dürfen. In den nachfolgenden Jahren habe ich bei meinen internationalen Aufenthalten den Teamgedanken in Australien und anderen Ländern noch mehr erleben dürfen und habe mir immer die Vor- und Nachteile notiert. Mit der Zeit reifte der Gedanke, ein erfolgreiches Team gründen zu wollen. Gemeinsam mit Stefan Duller und Gerhard Maier haben wir den Gedanken immer wieder weiterentwickelt. Nach einer intensiven Zeit waren wir endlich so weit, das Konzept auch Sponsoren und Partnern zu präsentieren. Wie es der Zufall danach wollte, schlug das Konzept gleich bei unserer ersten Präsentation in der Pewag Zentrale ein. Wirtschaftlich gesehen – verglichen mit anderen Sportarten wie Fußball, Skifahren oder dem Radsport – sind die Kosten für effektive Werbung und Präsenz über den Triathlonsport noch gering und überschaubar. Triathlon bringt viele Werte mit sich, die für erfolgreiche Firmen repräsentativ sind und eine international sehr erfolgreiche Firma ist die Firma Pewag.“ In den ersten Jahren war es geplant, national mit Erfolgen für Aufsehen zu sorgen und ein Zielpublikum anzusprechen, das die Firma Pewag bisher wenig erreicht hat. „Das ist uns sehr gut mit Siegen beim IRONMAN Austria gelungen. International waren die Erfolge unserer Profi Athleten wichtig, um die Message zu transportieren. National hat das Pewag Racing Age Group Team einen wesentlichen Beitrag geleistet, um unsere Werte zu transportieren. An jedem Wochenende waren unsere Athleten in ganz Österreich unterwegs und haben im Wettkampf ihre Zielstrebigkeit, ihren Ehrgeiz und ihre Entschlossenheit gezeigt. Unsere Athleten tragen wesentlich dazu bei, wie das Team und die Marke gesehen werden. Ohne Athleten, die diesen Spirit leben, ist selbst das beste Konzept zum Scheitern verurteilt. Das Team gehört mittlerweile auch zur DNA der Firma Pewag. Der sehr positive Einfluss auf die Mitarbeiter ist glücklicherweise messbar und wird von uns jährlich evaluiert. Die Symbiose Team und Pewag sind eine Win-Win Situation für alle Seiten.“
Zwei Blumen vor dem Blumenfeld
Marino Vanhoenacker und Faris Al-Sultan waren wesentliche Bestandteile des Pewag Racing Teams, die auch Schlüsselrollen eingenommen haben. Gerne bezeichnet Rene Vallant die beiden Weltklasse-Athleten als „zwei Blumen vor dem Blumenfeld“. Während die beiden Aushängeschilder des Triathlon-Sports für internationale Erfolge verantwortlich waren, konnten im Hintergrund, fast im verborgenen, Talente wie Thomas Steger reifen und Erfahrung sammeln. „Marino Vanhoenacker und Faris Al-Sultan waren auch medial die Speerspitze des Pewag Racing Teams. Sie wurden bei Erfolgen medial gefeiert und bei Niederlagen übernahmen sie die Verantwortung für das Team. Die beiden internationalen Stars der Triathlon Szene waren aber nicht nur für Erfolge zuständig, sondern spielten auch eine wesentliche Rolle in der Entwicklung der weiteren Athleten im Team. „Marino und Faris haben unseren anderen Teamathleten gezeigt, was es international gesehen bedeutet, Triathlon Profi zu sein. Das hat vielen Athleten den Horizont geöffnet, die sich bisher mit ihren Leistungen in Österreich zufrieden gegeben hatten. Beide leben den Triathlon-Sport von früh bis spät und waren für die sportliche und menschliche Weiterbildung unserer jungen Athleten Kernelemente.“ Mittlerweile sind es Athleten wie der Tiroler Steger, der in die Fußstapfen von Vanhoenacker und Al-Sultan treten darf und internationale Siege feiert.
„Wir wollten nie immer nur Stars kaufen, sondern wir wollten Leistung auch selbst produzieren und den Nachwuchs aufbauen. So haben wir immer an Thomas Steger und sein Potential geglaubt. Beim IRONMAN 70.3 St. Pölten hätte es fast mit seinem ersten Sieg bei einem IRONMAN 70.3 geklappt. Nach dem Rennen bin ich zu Thomas gegangen und habe ihm gesagt: Glaub an dich – wir feiern heuer noch gemeinsam einen Sieg bei einem IRONMAN 70.3 Rennen.“ So kam es dann auch am Ende der Saison 2019, als Thomas Steger den IRONMAN 70.3 Zell am See für sich entscheiden konnte und über seinen ersten IRONMAN 70.3 Sieg jubeln durfte.
Aber nicht alle Nachwuchsathleten des Pewag Racing Team konnten den erfolgreichen Weg von Thomas Steger gehen. „Zu 99 Prozent liegt es immer am Umfeld der Athleten, die Erfolge ermöglichen oder verhindern. Der Einfluss von Familie und Lebensgefährten, die die Athleten fast 24 Stunden am Tag sehen ist riesig. Das ist das direkte Umfeld mit dem größten Einfluss auf das Mindset der Athleten. Beim Scouting von Athleten schauen wir uns auch das Umfeld der Athleten sehr genau an. In vielen Fällen, in denen die Erfolge der Athleten ausblieben, hat sich das Umfeld geändert und es endete zumeist in einem Desaster.“
Rene Vallant würde sich selbst mehr junge heimische Athleten im Pewag Racing Team wünschen und ihnen die Chance geben, sich zu entwickeln. „Die heimische Spitze auf der Mittel- und Langstrecke ist sehr klein und es fehlt an der Breite hinter der Spitze, um einige Athleten nach vorne zu bringen. Potential sich zu entwickeln und den Sprung in die internationale Weltspitze zu schaffen sehe ich aktuell eigentlich nur bei Luis Knabl, wenn er von der Olympischen Distanz auf die Mitteldistanz oder Langdistanz wechselt. Bei den Damen wüsste ich aktuell nicht, wer international für Erfolge sorgen könnte.“
Nachwuchsarbeit mit Potential
Das Thema Nachwuchsarbeit sieht der ehemalige Landestrainer und Bundesstützpunkttrainer in Kärnten mit Bauchweh. „Hier passieren in der Verbandsarbeit zu viele Fehler. Viele Kinder entdecken den Triathlon-Sport für sich. Viele Eltern investieren viel Zeit, Geld und Engagement, um ihren Kindern den Sport zu ermöglichen. Da muss das Ziel der Verbände sein, das Feld so neutral und objektiv aufzubereiten, dass Karriere im Triathlon-Sport in Österreich möglich ist. Im Moment fehlen hier wichtige Impulse und Schritte und man gibt sich mit einem Status Quo zufrieden, der Karrieren nicht förderlich ist.“ Während seiner aktiven Zeit wollte Rene Vallant möglichst nicht mit Verbänden in Kontakt kommen und seinen Weg gehen. Nach dem Ende seiner Karriere hatte er mehr Zeit und wollte diese aktiv in die Gestaltung der Triathlon Szene in Österreich einbringen. So übernahm er das Amt des Vize-Präsidenten des Kärntner Triathlonverbandes mit Schwerpunkt auf die Sportagenden und wurde Landestrainer. „Ich habe aber leider bemerken müssen, dass hier so viele Leute mitreden, die sehr wenig Ahnung von der Materie haben. Es ist eigentlich zum Weinen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Verbände. In den letzten Jahren gibt es eine positive Tendenz hin zu jungen Funktionären, die den Sport auch aktiv ausgeübt haben und eine große Expertise mitbringen. Die sind auch bereit für Veränderungen, müssen sich aber auch gegen langjährige Funktionäre etablieren, die wie die Jungfrau zum Kind gekommen sind und an Bestehendem festhalten wollen. Das ist aber meine persönliche Meinung, die vielleicht auch falsch sein kann.“
Als Sponsor von Nachwuchsbewerben wie den IRONKIDS oder der Junior Challenge und der Nachwuchscup Serie des Kärntner Triathlonverbandes versucht Rene Vallant mit dem Pewag Racing Team bereits ganz unten an der Basis zu arbeiten. „In anderen Sportarten wie dem Fußball haben Nachwuchsathleten fast jede Woche die Möglichkeit, sich zur Schau zu stellen und ihre Leistung zu zeigen. Es gibt eine Ligawertung im Hintergrund und die Siegerehrungen haben eine gewissen Qualität. Von diesem professionellen Niveau sind wir im Triathlonsport teilweise noch sehr weit entfernt. Mit unserem Sponsoring von Nachwuchsbewerben versuchen wir, den Kindern diese Atmosphäre zu bieten. Wie soll sich ein junger Athlet fühlen, der gerade eine super Leistung gebracht hat und Stolz auf sich ist, wenn die Siegerehrung fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet und keiner hingeht bzw. klatscht? Die Siegerehrung ist eine Honorierung der Leistung und sollte einen gewissen Stellenwert auch im Nachwuchsbereich haben.“ Im Nachgang an das Interview verriet Rene Vallant noch, dass es seitens Pewag Überlegungen gibt, ein noch jüngeres Junior Pewag Racing Team zu gründen und so die Nachwuchsathleten auch direkt zu unterstützen.