Enges Duell auf dem letzten Kilometer
Immer wieder teilte sich die große Spitzengruppe in zwei Blöcke, mit nur wenigen Metern Abstand zueinander. Stadlmann, getrieben vom Selbstvertrauen seines starken Halbmarathons in Kopenhagen vor fünf Wochen (1:03:45 Stunden) und sehr guten Trainingsleistungen im Anschluss daran, lief voller Selbstbewusstsein im vorderen Teil, perfekt abgeschirmt von den Marathon-Tempomachern. Während Vojta sich stets am Ende der zweiten Gruppe, einige Meter dahinter aufhielt. Als die Entscheidung kurz vor Erreichen der Kopfsteinpflasterpassage auf der Landstraße entlang hin zum Ziel am Linzer Hauptplatz fallen musste, schloss der wettkampferfahrene Niederösterreicher die Lücke zu Stadlmann. Auf dem letzten Kilometer glückte das Überholmanöver, Vojta sicherte sich als Gesamt-Zweiter des Borealis Halbmarathon hinter dem Deutschen Filmon Teklebrhan (1:02:56) seinen 47. Staatsmeistertitel. In einer Zeit von 1:03:19 Stunden hatte er drei Sekunden Vorsprung auf Stadlmann.
„Dominik war unglaublich stark“
Vojta bezeichnete den Titel als „Zuckerl“ im Rahmen einer sehr guten Leistung, die ihm aus dem Aufbautraining heraus gelang. Erst einmal ist er seit dem Wiedereinstieg ins Training vor vier Wochen das heutige Tempo im Training gezielt gelaufen. „Ich hatte unterwegs schon Zweifel, ob es sich mit dem Titel ausgehen würde. Denn Dominik hat unglaublich stark gewirkt – ein riesiges Kompliment an ihn, insbesondere wenn man bedenkt, welche Entwicklung er in diesem Jahr gemacht hat“, erzählte der 33-Jährige, dass er auch mit Silber und einer 1:03er Zeit zufrieden gewesen wäre. Doch mit all seiner Routine rief er die mentalen Skills hervor, die es gebraucht hat, um auf dem finalen Kilometer noch das Blatt zu den eigenen Gunsten zu drehen. Die Endzeit von 1:03:19 Stunden bedeutet einen neuen Rekord für Staatsmeisterschafts-Entscheidungen im Halbmarathon: 20 Sekunden schneller als ÖLV-Rekordhalter Günther Weidlinger, heute Veranstalter des Linz Donau Marathon, vor neun Jahren.
„Es war ein konstant gutes Rennen. Das Laufgefühl war auch nach 15 Kilometern sehr gut und ich wusste, dass ich dieses gute Tempo bis zum Ziel durchlaufen kann“, kommentierte Vojta und betonte, dass er aus dem Aufbautraining heraus bis auf eine Sekunde an seine persönliche Halbmarathon-Bestleistung herangelaufen ist. „Das zeigt: Diese Leistung ist meine Basis im Rahmen eines sehr guten Rennverlaufs mit einer großen Gruppe. Jetzt freue ich mich schon auf einen Halbmarathon, wo ähnlich gute Voraussetzungen auf eine gezielte, vollendete Vorbereitung von mir treffen – dann wird die Marke von 1:03 Stunden sicher fallen.“
Maximale Leistung
Stadlmann war mit seinem Wettkampf rundum zufrieden, auch wenn ihm die Goldmedaille erst auf dem letzten Kilometer abhanden gekommen ist. „Ich habe heute ein konstant gutes Rennen abgeliefert. Ich wollte es so gestalten, dass ich die maximale Leistung bringen kann und das ist gelungen“, so der 27-Jährige, der mit Augenzwinkern auch auf seine neue 10km-Bestzeit als Durchgangszeit hinwies: „Erstmals unter 30 Minuten!“ Auch seine Halbmarathon-Endzeit war ein neuer individueller Rekord, 1:03:22 Stunden – also 23 Sekunden schneller als in Kopenhagen, womit er sich auf Platz sechs der ewigen ÖLV-Bestenliste setzte (Rang drei der Jahresbestenliste). „Ich bin voll zufrieden, sowohl mit der Zeit als auch der Platzierung.“
Im Duell gegen Vojta konnte er nicht entscheidend gegenhalten: „Vom Herz-Kreislauf-System war noch etwas im Tank, aber muskulär war ich an mehreren Stellen im unteren Teil des Bewegungsapparat einfach schon am Limit“, erklärte er. Dennoch stellt diese Leistung einen weiteren wichtigen Schritt im zweiten Teil seiner Karriere da. Stadlmann, dreimal Staatsmeister im 800m-Lauf (Halle und Freiluft), ist erst im vergangenen Jahr auf die langen Strecken umgestiegen und hat nun zwei Klasseleistungen im Halbmarathon aufzuweisen.
Bauernfeind im Alleingang zu Bronze
Angesichts der Voraussetzungen ging auch Marathon-Staatsmeister Mario Bauernfeind (KUS ÖBV Pro Team) auf den ersten Kilometern das Tempo der Spitzengruppe mit. Doch nur zwei Wochen nach dem Eindhoven Marathon war der Körper verständlicherweise nicht so frisch, um dieses hohe Tempo 21,0975 Kilometer lang durchzuhalten. Daher konzentrierte sich der 31-Jährige darauf, im Alleingang ein gutes Tempo bis zum Schluss durchzuhalten und damit die Bronzemedaille abzusichern. „Dafür, dass der Marathon erst 14 Tage her ist, habe ich ihn gut weggesteckt und auch einen guten Schritt laufen können. Ich habe das Bestmögliche herausgeholt und Bronze gewonnen“, stellte er fest. In 1:05:05 Stunden blieb Bauernfeind nicht einmal zwei Minuten hinter Vojta und Stadlmann, dafür hatte er über zwei Minuten Vorsprung auf den viertplatzierten Markus Lemp (LC Sicking), der sich knapp gegen Isaac Toroitich Kosgei (TGW Zehnkampf Union) durchsetzte, um bester Oberösterreicher des Tages zu sein.
Illes überrascht sich selbst mit klarer Bestleistung
Bei den Frauen lautete der Zweikampf um den Titel Sandrina Illes gegen Eva Wutti. Illes, die bereits in den Jahren 2016 und 2017 den Staatsmeistertitel im Halbmarathon gewonnen hat, lag in der ersten Rennhälfte etwas hinter ihrer Kärntner Kontrahentin. Die Gruppen, in denen sich beide aufhielten, fusionierten etwa auf dem elften Kilometer. Von da an war Illes die etwas Stärkere und finishte in einer Zeit von 1:14:11 Stunden – eine Minute und eine Sekunde unter ihrer bisherigen Bestleistung. Da während ihrer Duathlon-Saison im Sommer oft gerade beim Laufen hin und wieder etwas Luft nach oben blieb, zeigte sie sich von der Endzeit überrascht. Auch deswegen, weil sie nach der Duathlon-EM nur vier Belastungswochen gezielt auf den Halbmarathon auslegte.
„Mein Plan für das Rennen war, möglichst lange an Eva dranzubleiben. Ich habe mich richtig gut gefühlt, es war ein cooler Wettkampf – definitiv mein bester überhaupt im Halbmarathon. Ich freue mich sehr über diesen Titel, auch, weil das Rennen richtig gut besetzt war“, zeigte sich die 36-jährige Titelgewinnerin rundum zufrieden mit dem Ergebnis bei ihrem großen Wettkampfziel für den Herbst. Illes war gleichzeitig auch die Gesamtsiegerin des Halbmarathons.
Wichtiger Schritt für Wutti
Auch die zweitplatzierte Eva Wutti (SU Tri Styria), die bereits zum dritten Mal Silber in dieser Disziplin holte, verließ den Zielraum am Linzer Hauptplatz mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie blieb im Halbmarathon erstmals unter 1:15 Stunden und finishte in 1:14:41 Stunden – nach vielen schwierigen Monaten eine Genugtuung. Im Sommer hatte sie einen Neuanfang unternommen und unter der Leitung von Johannes Langer wieder Schwung aufgenommen. „Es war ein konstantes Rennen mit einer vernünftigen Zeit – endlich wieder ein anständiges Ergebnis, das mir ein gutes Gefühl verleiht. Der Spaß im Training ist wieder da, der Spaß im Wettkampf auch.“
Die Bronzemedaille holte sich im Duell zweier Läuferinnen vom oberösterreichischen Verein LCAV Jodl Packaging: Lisa Oberndorfer, die ihren ersten Halbmarathon bestritt, in 1:17:35 Stunden vor Leyla Reshed (1:18:10).
Staatsmeisterschaftsfeld überzeugte mit Quantität und Qualität
Die ÖLV-Staatsmeisterschaften und Österreichischen Meisterschaften im Halbmarathon der U23 und Masters fanden am heutigen Sonntagvormittag im Rahmen des Borealis Halbmarathon in Linz statt, teilnahmestärkster Bewerb des 20. Oberbank Linz Marathon. Neben dem professionellen Rahmen und der schnellen Laufstrecke in der oberösterreichischen Landeshauptstadt überzeugte auch die Resonanz: Mit 226 Anmeldungen für die Staatsmeisterschaften im Halbmarathon erzielte der ÖLV das zweitbeste Meldeergebnis in den letzten zehn Jahren – ein klares Zeichen einer Aufwärtstendenz.
Auch die Leistungen der Medaillengewinner waren beachtlich. Neben dem Meisterschaftsrekord bei den Männern ist auch Illes’ Siegeszeit eine der besten in der Geschichte: Nur Andrea Mayr (2010) und Vorjahressiegerin Julia Mayer erzielten im aktuellen Jahrhundert eine schnellere Siegerzeit als Illes heute.
Sehr schnell gelaufen wurde auch auf der Marathon-Distanz, wo der Äthiopier Fikre Bekele in 2:06:13 Stunden einen deutlichen, neuen Streckenrekord erzielte.